Die Patientenverfügung

Wofür braucht man eine Patientenverfügung?

Mit Hilfe einer Patientenverfügung kann man bestimmte medizinische Behandlungen für den Fall, dass man seinen Willen nicht mehr rechtswirksam äußern kann, ablehnen.

 

Arten von Patientenverfügungen:

Es gibt zwei Arten von Patientenverfügungen:

  1. Die verbindliche Patientenverfügung und
  2. die unverbindliche Patientenverfügung.

Eine verbindliche Patientenverfügung liegt vor, wenn sie allen inhaltlichen und formellen gesetzlichen Erfordernissen gerecht wird.
Von einer beachtlichen Patientenverfügung spricht man dagegen, wenn sie einzelne formelle oder inhaltliche Kriterien absichtlich oder unbeabsichtigt nicht erfüllt.


Wer kann eine Patientenverfügung errichten?

Jeder, der hinreichend einsichts- und urteilsfähig ist.
Fehlt die nötige Einsichts- und Urteilsfähigkeit, so ist das in der ärztlichen Dokumentation festzuhalten und die Errichtung einer Patientenverfügung abzulehnen.
Weiters muss die Patientenverfügung höchstpersönlich errichtet werden, das bedeutet, dass eine Errichtung durch Vertreter, zum Beispiel den Sachwalter, ausgeschlossen ist.

 

Inhalt einer verbindlichen Patientenverfügung:

Der Inhalt einer Patientenverfügung kann nur die Ablehnung von medizinischen Behandlungen sein.

Die Vornahme einer bestimmten Behandlung kann nicht verlangt werden. Daher kann „aktive Sterbehilfe“ niemals Inhalt einer Patientenverfügung sein.

Die abgelehnte Behandlung muss eindeutig und konkret umschrieben sein. Vage, allgemeine Formulierungen – etwa Ablehnung von „riskanten Operationen“ – reichen nicht aus.

 

Aufgaben des Arztes bei der Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung:

Der Arzt muss

  1. die Einsichts- und Urteilsfähigkeit überprüfen,
  2. umfassende Aufklärung und Information über das Wesen und die Folgen der Patientenverfügung für die medizinische Behandlung geben, und
  3. festhalten, dass und aus welchen Gründen die Folgen der Patientenverfügung zutreffend eingeschätzt werden. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der Betroffene selbst oder im Kreise seiner Familie bereits einschlägige Erfahrungen mit den abgelehnten Behandlungen beziehungsweise der einer abgelehnten Behandlung zugrunde liegenden Krankheit hatte.

Die ärztliche Aufklärung, auf die bei der Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung nicht verzichtet werden kann, hat entweder vor der textlichen Abfassung der Patientenverfügung oder spätestens gleichzeitig zu erfolgen.

Das bedeutet, dass eine nachträgliche Aufklärung nicht ausreicht.

Die Aufklärung hat

  1. in einer für den medizinischen Laien verständlichen Weise zu geschehen und
  2. auf die Konsequenzen der Unterlassung der untersagten Behandlung hinzuweisen sowie über allfällige Behandlungsalternativen et cetera zu informieren.

Der Sinn der ärztlichen Aufklärungspflicht liegt darin, dass Behandlungen nicht leichtfertig abgelehnt werden.

 

Dokumentationspflicht des Arztes:

Der Arzt muss in der Patientenverfügung oder auf einem Beiblatt dokumentieren:

  1. Das Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit,
  2. die Vornahme der Aufklärung, und
  3. ob und aus welchen Gründen die Folgen der Patientenverfügung zutreffend eingeschätzt werden.

Die in 3. genannten Gründe müssen detailliert und unter Bezugnahme auf den konkreten Fall angegeben werden. Das bedeutet, dass allgemein gehaltene Floskeln nicht ausreichen.

Bei seiner Dokumentation hat der Arzt anzuführen:

  1. Seinen Namen,
  2. seine Anschrift, und
  3. seine Unterschrift.

Weiters hat der aufklärende oder der behandelnde Arzt die Patientenverfügung in die Krankengeschichte oder, wenn sie außerhalb einer Krankenanstalt errichtet wird, in die ärztliche Dokumentation aufzunehmen, zum Beispiel durch Anfertigung einer Kopie.

 

Weitere Formerfordernisse für die Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung:

Zu den weiteren Formerfordernissen zählen:

  1. Schriftform, das bedeutet, dass eine Patientenverfügung nur schriftlich und nicht mündlich errichtet werden kann,
  2. Angabe des Datums der Errichtung, und
  3. Mitwirkung eines Juristen, der über die Folgen der Patientenverfügung sowie über die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs zu belehren und dies unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift zu dokumentieren und mit seiner Unterschrift zu bestätigen hat.

 

Zeitliche Beschränkung der verbindlichen Patientenverfügung, ihre Änderung und ihr Widerruf:

Eine Patientenverfügung verliert, sofern sie von vornherein nicht auf einen kürzeren Zeitraum ausgelegt ist, nach 5 Jahren ab ihrer Errichtung ihre Verbindlichkeit.

Wenn aber jemand innerhalb der grundsätzlich 5-jährigen Wirkungsdauer einer verbindlichen Patientenverfügung die Einsichts- und Urteilsfähigkeit verliert, so wirkt die Patientenverfügung zeitlich unbeschränkt in verbindlicher Weise fort.

Will man eine abgelaufene verbindliche Patientenverfügung erneuern, so muss man wieder einen Arzt und einen Juristen konsultieren. Dies gilt auch für alle Änderungen, seien sie auch noch so gering, einer bestehenden Patientenverfügung.

Der Widerruf einer Patientenverfügung ist jederzeit völlig formfrei, also auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten, möglich.
Der Widerruf setze nicht die Einsichts- und Urteilsfähigkeit voraus!

 

Medizinische Notfallversorgung und verbindliche Patientenverfügung:

Wenn die Suche nach einer verbindlichen Patientenverfügung das Leben oder die Gesundheit des Patienten gefährdet, so ist zu handeln, und die Gesundheit und das Leben zu retten.

Das bedeutet, dass eine normale Behandlung stattfindet, wenn die Patientenverfügung nicht sofort aufgefunden werden kann.
Ist eine verbindliche Patientenverfügung sofort verfügbar, so ist diese zu befolgen.

 

Die beachtliche Patientenverfügung:

Wird eine Patientenverfügung nicht allen formellen und inhaltlichen Erfordernissen für die Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung gerecht, so handelt es sich um eine beachtliche Patientenverfügung.

Das ist beispielsweise der Fall, wenn sie nicht ausreichend bestimmt formuliert ist oder wenn die ärztliche Aufklärung zu kurz greift oder nicht ausreichend dokumentiert ist.

Es kann aber auch von vornherein eine bloß beachtliche Patientenverfügung errichtet werden.

Auch alle vor der Zeit des Patientenverfügungsgesetzes errichteten Patientenverfügung sind nur beachtlich.

Ausgenommen sind jene Fälle, in denen alle Form- und Inhaltserfordernisse des Gesetzes eingehalten wurden.

 

Der Unterschied in der Handhabung der beachtlichen und der verbindlichen Patientenverfügung:

Die verbindliche Patientenverfügung bindet alle Beteiligten, also Ärzte, Pflegepersonal und Angehörige, unmittelbar, und erübrigt die Bestellung eines Sachwalters.

Die beachtliche Patientenverfügung erfordert grundsätzlich die Entscheidung einer Vertretungsperson des Patienten, die dabei aber den Inhalt der beachtlichen Patientenverfügung zu berücksichtigen hat. Im Regelfall ist also eine Sachwalterbestellung nötig.

Bei gravierenden medizinischen Maßnahmen ist auch die Zustimmung des Gerichtes erforderlich! Dieses hat aber in seiner Entscheidung ebenso auf den Inhalt einer beachtlichen Patientenverfügung Rücksicht zu nehmen.

In den Fällen aber, wo zum Beispiel die Bestellung eines Sachwalters oder die Einholung der gerichtlichen Genehmigung zu lange dauern würde, liegt es beim behandelnden Arzt, ob er eine bloß beachtliche Patientenverfügung befolgt.

 

Die Unwirksamkeit einer Patientenverfügung:

Eine Patientenverfügung ist beispielsweise unwirksam:

  1. Wenn sie einen Inhalt hat, der den strafrechtlichen Normen widerspricht,
  2. wenn die sie errichtende Person nicht frei oder unbeeinflusst handeln konnte,
  3. wenn der Stand der medizinischen Wissenschaft sich im Hinblick auf den Inhalt der Patientenverfügung seit ihrer Errichtung wesentlich geändert hat.

 

Das Patientenverfügungsregister des österreichischen Notariats:

Die Österreichische Notariatskammer hat mit 1. Juli 2007 das Patientenverfügungsregister des österreichischen Notariats in Betrieb genommen.

Im Österreichischen Roten Kreuz wurde ein Partner gefunden, über den Krankenanstalten 24 Stunden täglich, 356 Tage im Jahr, Auskunft über das Vorhandensein einer Patientenverfügung erhalten können.

Das bedeutet, dass unter einer Mehrwertnummer das geschulte Personal erreicht werden kann. Binnen weniger Minuten kann somit eine bestehende Patientenverfügung an das abfragende Krankenhaus weitergegeben werden.